THREADS OF GOLD
ÜBER DIE GRUPPENAUSSTELLUNG
AUSSTELLUNG
20.11.2025 - 17.01.2026
ÖFFNUNGSZEITEN
DIENSTAG - SAMSTAG
12:00 - 18:00 UHR
ORT
BBA GALLERY
KÖPENICKER STR. 96
10179 BERLIN
VERNISSAGE
DONNERSTAG, 20. NOVEMBER
18:00 - 21:00 UHR
PERFORMANCE BY
Ampelos Collective
20.11.
Gold – Material, Metapher und Mysterium zugleich – hat seit jeher einen einzigartigen und magnetischen Platz in der menschlichen Vorstellungskraft eingenommen. Es steht für Reichtum, Macht, Göttlichkeit und Ewigkeit. Über Jahrhunderte und Kulturen hinweg, von sakraler Ikonografie bis zu kaiserlichen Insignien, von der Alchemie der Verwandlung bis zur japanischen Kintsugi-Technik der Reparatur – Gold trug stets eine Bedeutung, die weit über seinen materiellen Wert hinausgeht.
Die Ausstellung Threads of Gold erforscht dieses Material nicht als bloßes Schmuckelement, sondern als bewusste künstlerische Entscheidung – als kraftvollen Akt des Hervorhebens, des Hinterfragens, des Würdigens oder des Schützens.
Die präsentierten Künstler:innen nutzen Gold als ausdrucksstarkes Medium – es wird zur Sprache, zur Geste, zum Widerstand und zur Offenbarung. Ob als feiner Auftrag, tief in eine Struktur eingelassen oder rein konzeptionell eingesetzt – Gold ist in diesem Kontext niemals neutral. Es lenkt den Blick auf das, was wirklich zählt: persönlich, politisch, spirituell. Einige Werke vergolden das Übersehene und rücken Vergessenes oder Marginalisiertes ins Licht; andere entlarven und hinterfragen, was traditionell als wertvoll gilt.
Der Ansatz ist facettenreich und reflektiert die Rolle von Gold als Träger von Wert – sei es spirituell oder ökonomisch –, als Bindeglied zu reichen künstlerischen Traditionen und als kritischer Kommentar zu zeitgenössischen Themen wie Begehren, Reichtum oder Verfall.
Threads of Gold vereint vielfältige Stimmen und Disziplinen, um über die tiefgreifenden und oft widersprüchlichen Bedeutungen dieses kostbaren Materials zu reflektieren. Die Ausstellung untersucht Gold als kraftvolles Symbol, Oberfläche und Struktur und stellt die Fragen: Was verbirgt es? Was offenbart es? Was verspricht es – und welchen Preis hat es wirklich?
Schließlich ehrt Threads of Gold das Wertvolle, das Schöne und das Bedeutsame – und lädt dazu ein, sich zu fragen: Was betonen wir mit Gold? Und warum?




FEATURED ARTWORKS
AUSSTELLENDE KÜNSTLER*INNEN

Die Frage stellt sich: Warum Gold? Im Laufe eines Jahres hat Verena Bachl 500 Insekten gesammelt, die jeweils mit Gold überzogen wurden. Dieser Vergoldung Prozess verwandelt das Übersehene in etwas Kostbares und schafft ein Denkmal für die Vergangenheit der Biodiversität und ihr alarmierendes Aussterben. Durch dieses poetische und zugleich verstörende Werk lädt Bachl uns ein, uns der stillen Realität des Massenaussterbens zu stellen – einer Krise, die weitgehend unbeachtet und ignoriert bleibt. Indem sie die Insekten mit Gold überzieht, macht sie ihren wahren Wert innerhalb unseres Ökosystems sichtbar und konfrontiert uns gleichzeitig mit unserer Tendenz, sie zu übersehen.
Trotz seiner ästhetischen Schönheit soll das Werk auch zum Nachdenken
animieren. Es stellt uns die Fragen: Warum muss etwas vergoldet sein, um geschätzt zu werden? Was haben wir bereits im Namen des Fortschritts geopfert?

Traditionell steht Blattgold in der orthodoxen Ikonographie für die unmittelbare Präsenz des Göttlichen. In The Artist’s Hands verwende ich es, um die Alchemie künstlerischer Arbeit hervorzuheben. Künstler:innen nehmen gewöhnliche Materialien – Farbe, Metall, Holz – und verwandeln sie in Kunstwerke, deren Wert den ihrer Grundbestandteile bei Weitem übersteigt. Das Gold symbolisiert diesen hinzugefügten Wert: die geistige Präzision, emotionale Tiefe und schiere Schönheit, die wir in jedes Werk einfließen lassen. Es steht für das Sinnstiftende, das Materie erhebt, und bekräftigt den schöpferischen Prozess als eine zutiefst kraftvolle, beinahe göttliche Handlung.

Giulietta Coates verwendet in ihren Werken für „Threads of Gold“ das Material Gold, um ein Gefühl von Ehrfurcht und Ätherialität hervorzurufen und die schnell verschwindenden Ikonen des Reisens und der Naturlandschaften direkt mit dem Heiligen zu verbinden. So wie Gold in der Ikonografie verstorbener Heiliger historisch das Göttliche und ein himmlisches „Niemandsland“ symbolisiert, nutzt Coates es, um den schwindenden Elementen des Tourismus – wie verschwindenden Gletschern, Bergen, Naturparks und Inseln – einen kostbaren, beinahe unantastbaren Wert zu verleihen. Diese bewusste Wahl hebt den bevorstehenden Niedergang des freien Reisens und den Verlust dieser Naturwunder hervor. Die Kunstwerke sind somit gleichzeitig eine Andeutung vergangener Reisen und eine Reflexion über deren unwiederbringlichen Verlust, was ihre tiefgreifende Kostbarkeit und die Notwendigkeit von Ehrfurcht unterstreicht.

Little Fighters dokumentiert das intensive Leben junger Elite-Turnerinnen in Kopenhagen, die bis zu 20 Stunden pro Woche trainieren, um auf internationalem Niveau zu bestehen. Turnen ist in erster Linie ein Kampf mit sich selbst – mit Ängsten, Zweifeln und Schmerz. Doch die Mädchen unterstützen sich gegenseitig, und so wird ein einsamer Kampf zu einem gemeinschaftlichen: Seite an Seite werden Grenzen überwunden.
Die Goldmedaille, um die sie ringen, ist dabei weit mehr als ein sportlicher Preis. Sie steht für Exzellenz, Durchhaltevermögen und die Überwindung eigener Grenzen. Wie das Edelmetall selbst symbolisiert sie Wert, Beständigkeit und Kostbarkeit, und macht sichtbar, dass jeder Sieg auf jahrelanger Hingabe, Disziplin und gegenseitiger Unterstützung beruht. In Little Fighters wird die Medaille zum Zeichen für persönlichen Triumph, Teamgeist und die Schönheit des unermüdlichen Strebens nach Perfektion.

In den Kunstwerken von Katarina Kudelova fungiert das Material Gold in zwei unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen symbolischen Registern: als Geste der heilenden Fürsorge und als Symbol unnachgiebiger Macht.
In Threads of Gold wird Gold als metaphorisches Kintsugi, eine japanische Reparaturtechnik, verwendet, um die Wunden von Tieren hervorzuheben, die sich in Stacheldraht verfangen haben. Indem sie die Risswunden mit Gold bedeckt, anerkennt Kudelovas Arbeit das „Fehlverhalten“ des Mensch-Tier-Konflikts und der Vorherrschaft. Das Edelmetall symbolisiert die Sehnsucht nach Harmonie und eine fürsorgliche Hand trotz der Grausamkeit.
Umgekehrt bedeutet Gold in der Wandinstallation Feast absolute Macht und Göttlichkeit. Die goldene Raubkatze, die auf den Überresten ihrer Untertanen thront, nutzt Gold, um ihre furchteinflößende Autorität und Stärke zu demonstrieren. Hier verkörpert das Metall die kalte, unbestreitbare Natur von Raub und Herrschaft und erzeugt eine Spannung zwischen der inhärenten Schönheit

„Ich fühle mich zu Bewegungsfluss und Vergänglichkeit hingezogen. Ich finde Bedeutung in Dingen, die nie zur Ruhe kommen, in diesem ständigen Zustand des Wandels. Ich plane nicht. Ich betrete das Atelier und lasse mein Bewusstsein und meine Emotionen auftauchen. Dann beginne ich zu arbeiten. Ich lege die Leinwand auf den Boden und bewege mich um sie herum – im Kreis, mich vorbeugend, zurücktretend, ...“
In seinen Arbeiten erscheint Gold nicht als Symbol für Reichtum, sondern als lebendige Farbe – als fließendes Licht, das Bewegung sichtbar macht und den Wandel spiegelt. Es dient als Farbe des Übergangs – zwischen Licht und Materie, Sichtbarem und Unsichtbarem. Gold ist nie statisch, sondern verändert sich mit jedem Blick. In seinem Glanz und seiner Fragilität zeigt sich die Bewegung und Vergänglichkeit, die den Kern seiner Arbeit bilden.

Tim Bengel nutzt Gold in seinen Arbeiten, um die Werke mit kultureller und symbolischer Bedeutung aufzuladen. Für ihn ist Gold nicht nur ein Material, sondern ein Träger von Reichtum, Macht und Wert, der historische Assoziationen aufgreift und gleichzeitig aktuelle gesellschaftliche Phänomene kommentiert. Durch den gezielten Einsatz von Gold schafft Bengel Kontraste zwischen Vergänglichkeit und Dauerhaftigkeit, zwischen Alltäglichem und Luxus, und lädt den Betrachter ein, über Konsum, Status und den Zeitgeist nachzudenken.

Clément Claudius, der Umweltbiologie und Kunst verbindet, setzt Gold als wirkungsvolles Medium ein, um Themen wie Verlust, Wert und Vergänglichkeit zu hinterfragen.
Er überzieht einen echten Schmetterling mit Blattgold, bevor er ihn in Flammen aufgehen lässt – ein schockierender „teurer Verlust“, der den irreversiblen ökologischen Schaden des Klimawandels symbolisiert. Dieses fotografisch dokumentierte Vorgehen verwandelt den Akt in ein permanentes Mahnmal.
Umgekehrt nutzt seine Serie „Golden Ride“ Gold-Sprühfarbe, um ausrangierte Motorroller von der Straße aufzuwerten. Diese performative Verwandlung macht aus urbanem Müll temporäre, faszinierende Skulpturen, was eine öffentliche Neubewertung von Abfall und der Flüchtigkeit von Wert erzwingt. Gold fungiert als eine brillante, täuschende Oberfläche, die den Blick auf Dinge lenkt, die wir übersehen oder zerstören.

Die Arbeit von Jahna Dahms behandelt industrielle Verpackungen als archäologische Artefakte der Gegenwart.
Die Künstlerin sammelt und rekontextualisiert diese allgegenwärtigen Formen, deren Gestalt vollkommen unverändert bewahrt wird. Dieser Ansatz enthüllt ihre formale Verwandtschaft mit antiken goldenen Objekten und verortet sie in einem kunsthistorischen Rahmen.
Die ästhetische Operation konzentriert sich auf die Vergoldung. Jedes Stück wird durch eine akribische Ölvergoldungstechnik mit 24-karätigem Blattgold transformiert, wodurch eine geschlossene, nahtlose Oberfläche entsteht.
Das Gold ist eine bewusste Wahl: Es stellt eine Verbindung zu historischen Traditionen her und macht die Kontinuität der Form über Epochen hinweg lesbar. Indem Dahms den Abfall des Massenkonsums mit einem Material von bleibendem Wert aufwertet, erzwingt sie eine Neubewertung der wesentlichen Strukturen, die unsere Konsumkultur definieren.

In ihrem Projekt ‚My Bohemia‘ setzt sich Renata Kudlacek persönlich mit den Themen Identität, Erinnerung und Heimat auseinander. In vielschichtigen Collagen verwebt sie ikonische Merkmale und die reiche Geschichte Prags mit ihrer persönlichen Mythologie und familiären Archiven.
In seiner jüngsten Entwicklung schlägt das Projekt eine Brücke von der Geburtsstadt Renata Kudlaceks, Prag, zu ihrem neuen Lebens- und Inspirationsort Berlin. Ein zentrales Element, das diese beiden Welten verbindet und diese Phase definiert, ist Gold.
Die Verwendung von Gold ist eine direkte Hommage an den Beinamen Prags als ‚Goldene Stadt‘ (Zlaté město). Es erinnert an die vergoldeten Türme der Prager Burg und fängt den warmen, goldenen Schimmer des Sandsteins ein, der die Stadt bei Sonnenuntergang erleuchtet. Doch in den Arbeiten von Renata Kudlacek geht die Symbolik des Goldes weit darüber hinaus. Es ist der leuchtende Faden, der Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet und den unvergänglichen Wert der Heimat symbolisiert – jener Wurzeln, die auch aus der Ferne nicht verblassen.
Gold heiligt die Fragmente ihrer Geschichte, indem es den Erinnerungen den Status kostbarer Relikte verleiht. Gleichzeitig wirkt es als alchemistisches Element der Verwandlung: die Verschmelzung der goldenen Erinnerungen an Prag mit der pulsierenden Energie Berlins zu einer neuen, eigenen Identität. So wird ‚My Bohemia‘ zu einer visuellen Erzählung der künstlerischen Reise – eine persönliche Mythologie, geschaffen aus den leuchtenden Fragmenten zweier Städte.

Luca Ortis nutzt in seiner Arbeit Gold als verbindendes Element, um zwei separate Drucke miteinander zu vereinen. Diese Technik erinnert an das japanische Kunsthandwerk des Kintsugi, bei dem zerbrochene Keramik mit Gold repariert wird, wodurch die Brüche nicht kaschiert, sondern hervorgehoben werden.
Diese Praxis vermittelt die Philosophie, dass Schönheit in der Unvollkommenheit und im Prozess der Heilung liegt. Diese Technik schafft nicht nur eine visuelle Einheit, sondern symbolisiert auch die Verschmelzung von Erinnerung und Vorstellungskraft.
Das Gold fungiert dabei als Brücke zwischen der physischen Welt der Drucke und der immateriellen Welt der Gedanken und Emotionen.

Nicolas Vionnet verwendet Gold nicht als Symbol bloßer Opulenz, sondern als aufgeladenes, wandelbares Material, das seine kulturelle Geschichte nutzt, um über Fragilität, Verletzlichkeit und die Spannung zwischen dem Heiligen und dem Profanen zu reflektieren. In seinem Werk fungiert Gold konsequent als Katalysator für Ironie – es zwingt zur Auseinandersetzung zwischen den uralten Bedeutungen von Beständigkeit und Göttlichkeit und seiner heutigen Realität als vergängliches, verzerrtes oder subvertiertes Medium.
Vionnet nutzt die kulturelle Bedeutung des Materials, um in seinen Arbeiten zentrale zeitgenössische Spannungen sichtbar zu machen. In Changeover unterläuft er mit der Wahl einer goldfarbenen Rettungsdecke den wirtschaftlichen Prestigewert des Materials und verwandelt die Farbe des Reichtums in ein Symbol äußerster menschlicher Verletzlichkeit – des unterkühlten Flüchtlings – und kontrastiert so die vermeintliche Beständigkeit des Goldes mit der flüchtigen Lebensgefahr des Meeres.
Ähnlich verfährt er in Holy Water: Das religiöse Gold eines monumentalen Kruzifixes erhebt das Sakrale, nur um es zugleich durch die profane Realität eines tropfenden Wasserhahns zu unterlaufen – eine bittere Satire auf menschliches Altern und Inkontinenz. Die goldene Oberfläche lenkt so die Aufmerksamkeit noch stärker auf die letztlich unwürdige Verletzlichkeit des Körpers.